Long Detour
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Da ich in Maschhad weder ein turkmenisches, noch ein afghanisches Visum kriegen konnte, war die Reise vom Iran nach Usbekistan eine Tortur: die einzige Möglichkeit, die ich sah, war mit öffentlichen Verkehrsmittel via Teheran nach Aserbaidschan zu reisen, dann mit einer Fähre über das Kaspische Meer nach Kasachstan zu fahren, um dann von dort wieder mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Usbekistan zu gelangen – ein ungefähr 4’000 Kilometer langer (Um)Weg!
Mein iranisches Visum war noch bis am Dienstag 29. Mai gültig, somit hatte ich noch drei Tage Zeit, um bis nach Aserbaidschan zu gelangen. Jedoch benötigte ich ein Visum um nach Aserbaidschan einreisen zu können. Glücklicherweise kann man das aserbaidschanische Visum elektronisch beantragen. Das e-Visum erhält man innerhalb von 3 Tagen – oder gegen einen Aufpreis von 30$ innerhalb von 3 Stunden – per Mail zugeschickt. Ich versuchte in Maschhad den Visumsantrag auf meinem Handy auszufüllen. Das klappte soweit ganz gut. Als ich am Schluss noch ein Foto von meinem Pass hochladen sollte, fotografierte ich den Pass mit meinem Handy und verkleinerte das Bild auf die verlangte Grösse. Doch weil auf meinem Handy die Fotos mit einer .jpeg-Endung abgespeichert werden und man beim Visumsantrag das Foto als jpg-Datei hochladen muss, konnte ich den Antrag nicht mit meinem Smartphone vervollständigen. Ich versuchte, meinen Laptop über mein Smartphone mit dem Internet zu verbinden (persönlicher Hotspot), doch das funktionierte nicht. Ich beschloss, mich in Teheran um das aserbaidschanische Visum zu kümmern. Nach einer knapp 12 stündigen Zugfahrt kam ich am Sonntagmorgen in Teheran an. Reza, ein junger Iraner, der mich am Bahnhof ansprach, begleitete mich durch die Stadt und half mir, ein Internetcafé zu finden. Dort konnte ich den aserbaidschanischen Visumsantrag fertig ausfüllen und abschicken. Ich beantragte ein „dringendes Visum“, welches man innerhalb von drei Stunden erhält. Ich erwartete, dass man das Visum an einem Arbeitstag innerhalb von drei Stunden erhält. Deshalb informierte ich mich im Internet über die Arbeitstage in Aserbaidschan: Montag – Freitag. Doch leider war ausgerechnet der Montag, 28.6., ein Feiertag in Aserbaidschan. Somit erwartete ich, dass ich das Visum am 29. Mai gegen Mittag erhalten würde und so gerade noch rechtzeitig den Iran verlassen könnte. Somit gab es für mich keinen Grund, Tehran schon am Sonntagabend wieder zu verlassen, deshalb ging ich zu meinen Freunden Masoud und Zahra im Süden Teherans, um dort zu übernachten. Zu meinem grossen Erstaunen erhielt ich am Sonntagnachmittag schon eine E-Mail mit meinem aserbaidschanischen Visum. Somit hätte ich Teheran schon am Sonntag verlassen können. Da ich aber schon bei Masoud und Zahra zu Gast war, verbrachte ich noch eine Nacht in der iranischen Hauptstadt.
Mit einem Nachtbus fuhr ich in der Nacht von Montag auf Dienstag von Teheran in die Grenzortschaft Astara, ging mit dem Fahrrad über die Grenze nach Aserbaidschan, um dann von dort mit einem weiteren Bus zum Hafen von Baku, welcher sich 70 Kilometer südlich von Baku in Alat befindet, zu gelangen. Die Fähren von Aserbaidschan nach Kasachstan sind Frachtschiffe, welche neben den Gütern und den Lastwagenfahrer auch Passagiere befördern. Diese Fähren haben keinen Fahrplan. Im allgemeinen fährt ein Schiff, wenn es voll ist. Am Dienstagabend traf ich im Hafen ein. „No ferry today. No ferry tomorrow“, sagte mir der Ticketverkäufer. Mit Hilfe eines Kalenders erklärte er mir, dass in zwei Tagen, am Donnerstag dem 31. Mai, eine Schiff nach Kasachstan fahren würde. Die erste Nacht campierte ich alleine am Hafen, am nächsten Morgen stiessen weitere Fahrradfahrer dazu. Nach einer weiteren Nacht am Hafen war der letzte Tag im Mai gekommen und wir, eine fortlaufend wachsende Gruppe von Reisenden, freuten uns alle, bald in einer Fähre über das Meer zu fahren. Doch am Nachmittag sagte man uns, dass die Fähre mit 20% Wahrscheinlichkeit am nächsten Morgen (Freitag) zwischen 3 und 4 und mit 80% Wahrscheinlichkeit am nächsten Morgen zwischen 10 und 11 losfahren würde. Doch auch am Freitagmorgen passierte nichts. Am Freitagnachmittag konnten wir endlich auf die Fähre gehen. Später auf der Fähre erfuhren wir, dass es draussen auf dem Meer zu stürmisch sei und wir deshalb die Nacht im Hafen verbringen müssen. Am Samstag um 16 Uhr legte das Schiff endlich ab – also ziemlich genau vier Tage nachdem ich im Hafen ankam. Nach gut 24 Stunden Fahrt erreichten wir am Sonntag gegen Abend kasachisches Festland in Aktau.
Vom Hafen in Aktau fuhr ich 20 Kilometer zum nächsten Bahnhof. Die Frau am ersten Schalter sprach kein Englisch und hatte deshalb keine Lust, mich länger zu beachten oder sich um mich zu kümmern. Ich ging zum zweiten Schalter und fragte die junge Angestellte, ob Sie Englisch spreche. „No“, war ihre Antwort, doch ihr Lächeln verriet mir, dass sie trotzdem versuchen würde, mir zu helfen. „Today 10 o’clock“, antwortete Sie mir auf mein fragendes „Uzbekistan? Nukus?“. Ich freute mich schon, dass ich ohne lange zu warten weiterreisen könnte. Den Preis des Zugtickets schrieb sie mir auf ein Blatt Papier. Da ich noch nicht im Besitz der lokalen Währung war, entfernte ich mich vom Schalter und sie wendete sich wieder ihrem Smartphone zu. Vor dem Bahnhof erklärten sich einige Kasachen bereit, Euro oder Dollar zu wechseln, jedoch boten sie mir nur ungefähr 75% vom eigentlichen Wechselkurs an. Meine Frage nach einem „Bankomat?“ wurde mit einem „Nieto“ erwidert. Aber einen solchen schlechten Wechselkurs wollte ich nicht akzeptieren. Ein weiteres Mal begab ich mich zum Schalter und fragte die junge Frau, ob ich mit der Kreditkarte bezahlen könne. Sie schüttelte den Kopf, sagte etwas, was ich natürlich nicht verstand. Aus Verzweiflung fragte ich einen weiteren Passanten vor dem Bahnhof, ob es in der Nähe einen Bankomaten geben würde. Er zeigte auf das Bahnhofsgebäude. Tatsächlich gab es im Innern einen Bankomaten. Nachdem ich Geld abgehoben hatte ging ich ein weiteres Mal zur jungen Frau, um das Zugticket nach Usbekistan zu kaufen. „Tomorrow 10 o’clock?“, fragte sie mich. „Today 10 o’clock?“, fragte ich zurück. „Today no!“, war ihre Antwort. Vermutlich hatte sie in der Zeit, in der ich Geld organisierte, einige englische Worte nachgeschlagen und war sich unterdessen der Bedeutung vom Wort „today“ bewusst. Sie konnte mir aber noch erklären, dass der Zug um 10 Uhr morgens starten würde. Auf dem Ticket stand die Zeit 11:00 – in Kasachstan läuft der ganze Zugsverkehr nach Hauptstadt-Zeit. Die junge Frau schrieb aber zur Sicherheit noch ganz gross „10 o’clock“ auf das Ticket. Ich versuchte noch herauszufinden, ob ich für den Transport des Fahrrades etwas organisieren müsste. „Baggage“, sagte sie und fügte dann noch eine komplette Antwort in Russisch an, welche ich natürlich nicht verstand. Als ich sie fragte, ob ich einfach am nächsten Morgen um 9 Uhr mit dem Fahrrad zurückkommen könne, überlegte sie kurz und zeigte dann mit ihren Fingern, dass ich um 8 Uhr erscheinen soll.
Nach einer Nacht in meinem Zelt auf einem einige hundert Meter von der Ortschaft entfernten Feld ging ich am nächsten Morgen zurück zum Bahnhof und wurde dort sogleich von einem Kasachen, welcher Englisch ziemlich gut beherrschte, angesprochen. Er sagte mir, dass ich mit dem Fahrrad einfach so zum Zug gehen könne und mir die Bahnangestellten dann sagen würden, wo und wie ich das Fahrrad verstauen könne. Da der Zug erst nach 9 Uhr im Bahnhof ankam, wundere ich mich, weshalb die junge Frau mit gesagt hatte, dass ich bereits um 8 Uhr erscheinen soll. Nachdem der Zug eingefahren war, schob ich mein Rad zum Wagen, in welchem ich meinen Sitzplatz hatte. Tatsächlich konnte ich mein Fahrrad im selben Wagen unterbringen – direkt bei der einen Türe, welche schon durch einen Kühlschrank versperrt war.
Die Zugfahrt war relativ angenehm, ausser die Tatsache, dass wir kurz nach Mitternacht die Grenze nach Usbekistan überquerten und ich somit ziemlich verschlafen zum Beamten musste, der die Passkontrolle durchführte.
Am nächsten Tag (Dienstag) erreichte unser Zug erst gegen Abend die Ortschaft Nukus. Da ich nicht wusste, in welcher usbekischen Stadt sich meine Partnerin Grete befand, musste ich zuerst eine Sim-Karte organisieren, damit ich sie erreichen konnte um herauszufinden, wohin ich weiterreisen sollte. Ich fragte einige Usbeken, wo ich eine Sim-Karte kaufen könne und ein Mann begleitete mich zu einem Geschäft. Dort wollte man mir jedoch keine Sim-Karte verkaufen – weil ich keine usbekische Identitätskarte vorweisen konnte. Mein Schweizerpass mit dem usbekischen Visum half leider auch nicht weiter. Glücklicherweise schenkte mir ein junger Mann seine zweite Sim-Karte. Ich kontaktierte Grete und erfuhr, dass sie in Samarkand wartete. Ich fuhr zurück zum Bahnhof und versuchte ein Ticket von Nukus nach Samarkand zu lösen. Als ich endlich am Schalter war, musste ich feststellen, dass ich den Zug gerade verpasst hatte und dass am nächsten Tag gar kein Zug von Nukus nach Samarkand fuhr. Anscheinend benötigen Busse ungefähr 14 Stunden für die knapp 800 Kilometer lange Strecke, sie dürfen jedoch in der Nacht nicht fahren. Aus diesem Grund entschied ich mich, die Strecke trampend in einem LKW zurückzulegen. Da ich am Abend keinen LKW fand, verbrachte ich die Nacht im Zelt und versuchte am nächsten Morgen, einen LKW zu finden, der mich ein Stück weit mitnehmen könnte.
Tatsächlich musste ich am Morgen nicht lange warten, bis ein Sattelschlepper mich und mein Fahrrad gut 150 Kilometer weit mitnehmen konnte. Dort angekommen musste ich eine Weile warten, bevor ich kurz nach 14 Uhr wieder einen Lastwagenfahrer antraf, der einverstanden war, mich mitzunehmen. Der Fahrer sprach zwar kein Englisch, doch ich verstand, dass er auf einen weiteren Truck wartete, bevor er weiterfahren konnte. Obwohl mir der Fahrer erklärte, dass wir ungefähr eine Stunde warten müssten, war ich um 19 Uhr noch immer an derselben Stelle. Kurz nach 21 Uhr sagte mir der Fahrer, dass der andere Lastwagen nun in der Stadt angekommen sei und dass er (ohne mich) dorthin fahren müsse und dass er mich dann später abholen würde, um dann nach Samarkand zu fahren. Es dauerte ungefähr zwei Stunden, bis der Lastwagen endlich wieder zurück kam. Jedoch konnte ich dann tatsächlich mein Fahrrad einladen. Zudem durfte ich im Bett, welches sich hinter dem Fahrersitz befand, schlafen. Am nächsten Mittag erreichte ich ausgeruht die Stadt Samarkand. Nach einem Mittagessen mit dem Fahrer konnte ich endlich in die Stadt hineinfahren, um Grete nach über 12 Tagen endlich wieder sehen zu können.