Zu Gast bei Mohamed
Am 24. 8. 2015 traf ich eine iranische Fahrradgruppe, welche mit einem Begleitfahrzeug von Isfahan nach Mashhad fuhr. Wir verbrachten den Tag zusammen. Am nächsten Tag hatten wir noch 160 Kilometer nach Mashhad zurückzulegen. Die Gruppe erklärte mir, dass sie um 15 Uhr ihr Ziel erreichen wollen und dass sie deshalb teilweise in ihrem Begleitfahrzeug fahren würden. Da ich die Strecke aus eigener Kraft zurücklegen wollte, machte ich mit den anderen ab, dass ich mich telefonisch melden würde, sobald ich auch in der Stadt ankommen würde. Dank eines extrem starken Rückenwindes konnte ich die 160 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 30 km/h zurücklegen und erreichte Mashhad kurz nach 15 Uhr. Ich fragte einige Passanten, ob ich kurz ihr Handy benutzen könne um die Fahrradgruppe anzurufen, doch leider nahm niemand aus der Fahrradgruppe das Telefon ab. Später wurde ich von Majid, einem jungen Iraner, gefragt, ob er mir helfen könne. Ich erklärte ihm, dass ich meine Bekannten telefonisch erreichen möchte. Natürlich durfte ich auch Majids Handy benutzen, doch erneut blieb mein Anruf unbeantwortet. Majid verschwand einige Minuten und kam mit einem alten Handy zurück, welches ich die nächsten Tage brauchen könne. Gegen 17 Uhr erhielt ich endlich eine Antwort der Fahrradgruppe – welche immer noch unterwegs war. Um 21 Uhr bekam ich endlich den nächsten Anruf der Fahrradgruppe. Man teilte mir mit, dass sie zwar nun angekommen seien, dass ich jedoch nicht wie versprochen bei ihnen übernachten könne, da es sich bei ihrer Unterkunft um einen Militärkomplex handle. Doch einer der Fahrradfahrer kam kurze Zeit später zu mir und brachte mich in einen Park, wo ich in meinem Zelt übernachten konnte. Am nächsten Tag musste ich mir noch einen neuen Reifen organisieren. Moshen, einer der Fahrradfahrer, holte mich ab und brachte mich in ein Geschäft, wo ich einen Ersatzreifen fand. Als ich bezahlen wollte, bestand Moshen darauf, den Reifen zu kaufen und mir zu schenken. Die Verkäufer kannten einen Mann, Mohamed, welcher „Freude an Fahrradfahrern“ habe. Sie riefen ihn an und er kam kurze Zeit später in den Fahrradladen. Mohamed sprach zwar kein Englisch, doch trotzdem lud er mich sofort zu sich nach Hause ein. Moshen konnte ihm noch erklären, dass ich mich vegan ernähre. Falls es trotzdem einmal Verständnisschwierigkeiten zwischen mir und Mohamed gab, dann rief er einfach seinen Sohn an, welcher übersetzen konnte. Da ich dringend einige Mails schreiben musste, begleitete mich Mohamed in ein Internetcafe. Im Internetcafe ging ich an einen PC und schreib meine wichtigen Mails, Mohamed wartete während dieser halben Stunde. Als ich fertig war und bezahlen wollte, winkte Mohamed ab und bezahlte meine Internetkosten. Am nächsten Morgen wollte ich den Imam-Reza-Schrein besichtigen. Mohamed begleitete mich zum Eingang, dort organisierte er mir einen englischsprechenden Guide. Dieser führte mich während gut zwei Stunden durch den Gebäudekomplex, welcher das Mausoleum von Imam Reza enthält. Als ich nach der Führung wieder zum Eingang ging, kam Mohamed, der anscheinend die ganze Zeit vor dem Schrein gewartet hatte, strahlend auf mich zu. Danach fuhren wir zurück zu Mohameds Haus, wo ich mein Velo bepackte und ihm mein Übergangshandy gab, damit es von Majid dort abgeholt werden konnte. Mohamed gab mir noch ein grosses Stück selbstgemachter Halva mit, einer Süsswarenspezialität aus dem Iran. Mit dem Fahrrad führte mich Mohamed aus der Stadt hinaus. Bevor er mich wieder mir selber überliess, ging er in eine Bäckerei um mir noch zwei Brote für unterwegs zu schenken. Unglaublich dieser Mann! Merci –Khodafez (deutsch: möge Gott dich beschützen).
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