Durststrecke

Published by Marc on

Völlig unerwartet gab es auf einer 300 Kilometer langen Strecke lediglich einige Strassenschilder, jedoch keine Ortschaften.

Zwar hatte ich in Huatugou auf meiner Karte gesehen, dass sich auf meinem Weg nach Norden die erste eingezeichnete Ortschaft Lenghu etwa 300 Kilometer weit entfernt befindet. Jedoch nahm ich an, dass ich wie so oft irgendwo noch an kleinen Ortschaften vorbeikommen würde, welche nicht auf der Karte eingezeichnet sind oder zumindest bei den wichtigen und grossen Abzweigungen auf ein paar Häuser und Geschäfte stossen würde, um Wasser aufzufüllen. Als die S303 von der G315 abzweigte, war da aber keine Ortschaft, sondern lediglich eine WC-Anlage, jedoch ohne Wasser. Als ich von der G315 auf die S305 abzweigte, sah ich auch keinen Shop, sondern nur ein Strassenschild. Da es unterwegs keinen Fluss und auch keinen Schnee zum Schmelzen gab, merkte ich relativ schnell, dass 6 Liter Flüssigkeit, die ich mir am ersten Morgen in Huatugou auf mein Velo packte, für die Strecke von 300 Kilometern sehr knapp sind. Weil ich am ersten Abend noch grosszügig Wasser zum Kochen verwendet hatte und allgemein – ausser den veganen Biscuits – das Essen kochen musste, hatte ich sehr sparsam mit meinem Wasservorrat umzugehen. Deshalb trank ich nur noch sehr wenig, da ich versuchen wollte, die Ortschaft Lenghu aus eigener Kraft zu erreichen und nicht mit einem Lastwagen mitzufahren. Am dritten Abend sammelte ich am Strassenrand noch weggeschmissene Wasserflaschen ein, welche nicht ganz leer waren, damit ich immerhin noch kochen konnte. Als ein LKW-Fahrer kurz vor mir am Strassenrand anhielt, fragte ich ihn, ob er mir ein wenig Wasser geben könne, und er gab mir eine Halbliterflasche, welche ich mir für den nächsten Morgen aufsparte. Damit ich aber in der Nacht nicht allzu durstig werden würde, kochte ich salzlos. Die ungesalzenen Nudeln liess ich in dem wenigen Wasser so lange kochen, bis es eine dickflüssige Masse ergab. Danach fügte ich noch ein paar (ungesalzene) Erdnüsse und Lauch hinzu, wobei der Lauch den Geschmack der Pampe massiv aufwertete. Am nächsten Morgen fuhr ich weiter, bis ich ziemlich dehydriert die Ortschaft Lenghu erreichte.

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